TESTIERFÄHIGKEIT
Grundsätzlich kann in Deutschland jeder ab dem 16. Lebensjahr, uneingeschränkt dann ab dem 18. Lebensjahr mit einem Testament über sein Erbe verfügen. Notwendig hierfür sind ein freier und nicht wesentlich von Krankheit, äußerer Beeinflussung oder Zwangslagen eingeschränkter Wille sowie die Fähigkeit zur Einsicht in die Folgen des testierten Willens.Die Testierfähigkeit oder -unfähigkeit ist eine juristische Feststellung, ebenso wie die daraus folgende Wirksamkeit oder Unwirksamkeit eines Testaments. Ein medizinischer Befund oder eine Diagnose (“Demenz”) allein begründen diese nicht, insbesondere nicht allein. Vielmehr bedarf es einer schlüssigen, sachverständigen Darstellung auf Basis fachlicher Befunde, ob und warum von einem krankheitsbedingt eingeschränkten freien Willen oder von einer fehlenden Einsichtsfähigkeit und Urteilsfähigkeit ausgegangen werden muss. Ausschlaggebend ist hier immer die psychische Verfasstheit zum Zeitpunkt des Testats.
Willensbildung, Einsichts- und Urteilsfähigkeit können phasenweise beeinträchtigt gewesen sein, wie es bei phasisch verlaufenden psychischen Erkrankungen (Psychoseerkrankungen, manisch-depressiven Erkrankungen) oder unter Medikamenten- oder Drogeneinfluss der Fall sein kann; oder sie können, im Fall von fortschreitenden neurodegenrativen Erkrankungen (Demenzen), ab einem Zeitpunkt unwiederbringlich beeinträchtigt sein. In Einzelfällen kann auch bei sonst nicht gegebener Testierfähigkeit eine klare Phase (“lucides Intervall”) geben.
Zur Erstellung eines Gutachtens zur Testierfähigkeit ist, wenn noch möglich, die gezielte Befragung (‘Exploration’) des Betroffenen anzustreben. Die so erhobenen Befunde werden mit weiteren medizinischen Befunden von Vorbehandlern oder Pflegedokumentation in Zusammenhang gebracht um zu einer Beurteilung der zum Zeitpunkt des Testats vorliegenden psychischen Verfasstheit zu kommen. Auf konkreten Wunsch des Gerichts oder der beauftragenden Streitpartei können Schilderungen Dritter (Angehöriger) in die gutachterliche Einschätzung einbezogen werden. Eine darüber hinaus gehende Sachverhaltsaufklärung zu den Umständen der Testamentserstellung findet im Rahmen des Gutachtens nicht statt.